Paula Modersohn-Becker
Zwischen Worpswede und Paris
Ausstellung im Von-der-Heydt-Museum Wuppertal
vom 9. September 2018 – 6. Januar 2019
Paula Modersohn-Becker muss eine faszinierende Persönlichkeit gewesen sein; ihr Werk weist sie als Vorläuferin des Expressionismus aus. Die Ausstellung will sachlich auf ihr Leben zurückblicken, das bereits mit 31 Jahren zu Ende war. Sie hat zwar ein sehr umfangreiches Werk hinterlassen, zu ihren Lebzeiten aber wenig ausstellen können und nur 3 – 4 Bilder verkauft. Eine Feministin war sie nicht, aber doch eine Frau, die sich völlig mit ihrem Werk emanzipiert hat und dadurch zum Vorbild für viele Nachfolgende werden konnte – ein interessanter Lebensweg!
Die Ausstellung folgt diesem im guten Sinne eigensinnigen Weg von den Anfängen in der Berliner Malschule 1896, ihrem ersten Aufenthalt 1897 in Worpswede, ihrer Begeisterung für die zeitgenössischen Impressionisten, deren Bilder sie in Ausstellungen kennenlernt. Durch Tagebuch-Aufzeichnungen und ihren umfangreichen Briefwechsel können wir nachvollziehen, wie diese Erlebnisse auf sie gewirkt haben. Sie lernt aus allem, was ihr begegnet, hat aber auch von Anfang an ihre eigene Idee und Auffassung von Malerei. Es wird berichtet, dass sie sich, bevor sie mit dem Malen begann, ins Gras legte und die Augen schloss, um den Aufbau des geplanten Bildes gedanklich zu entwerfen. Im September 1898 übersiedelt sie nach Worpswede, Fritz Mackensen ist ihr Lehrer, sie lernt Otto Modersohn und andere Künstler kennen, befreundet sich mit der Bildhauerin Clara Westhoff. Ihr Interesse gilt zunächst den Landschaften, dem Portrait, den Aktdarstellungen – ihre Modelle, hauptsächlich Kinder, Alte und einfache Leute, findet sie vornehmlich im Worpsweder Armenhaus. Sie komponierte ihre Bilder in der Fläche, das Gesehene löst sich aus dem naturalistischen Zusammenhang; mit der linearen Abstraktion erfasst sie aber das Wesentliche. Ihre Kunstauffassung erfährt viel Kritik. Erst durch die Bekanntschaft mit dem deutschen Bildhauer Bernhard Hoetger 1906 erfährt sie künstlerische Ermutigung. Durch ihre Freundschaft mit Rainer Maria Rilke und vier Aufenthalte in Paris, wo sie ihre Studien vervollständigt und in Kontakt zu den wichtigsten Künstlern der Zeit kommt, reflektiert und vervollständigt sie ihre Auffassungen und kann sich im November 1906 mit vier Bildern an einer Ausstellung Worpsweder Künstler in der Bremer Kunsthalle beteiligen. Hier wird ihre Arbeit sehr positiv gesehen. Die Ausstellung wird anschließend auch in Berlin gezeigt. Sie erwägt sehr ernsthaft die Trennung von ihrem Mann, nach gemeinsamen Reisen durch Frankreich kehren die Eheleute aber wieder nach Worpswede zurück – Paula ist schwanger und bringt am 2.11.1907 ihre Tochter Mathilda zur Welt. Am 20.11.1907 stirbt sie infolge einer Embolie. Für ihren Nachruhm spielt der Bildhauer Bernhard Hoetger eine wichtige Rolle: er erwirbt zahlreiche Bilder aus dem Nachlass und macht auch August von der Heydt mit ihrer Malerei bekannt. Von den 32 Gemälden, die in die Sammlung des Elberfelder Bankiers eingehen, befinden sich heute noch 16 im Bestand des Von-der-Heydt-Museums. Insgesamt besitzt das Museum heute 22 Gemälde von Modersohn-Becker.
Die Ausstellung zeigt auf, in welchem Zwiespalt die junge Malerin steckte und trotzdem ihren ganz eigenen Weg fand. Ihre eindrucksvollen Portraits, Selbstportraits, Stillleben und Landschaften werden zusammen mit ausgewählten Werken ihrer Worpsweder Malerfreunde – Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Fritz Overbeck, Hans am Ende und Heinrich Vogeler – gezeigt. Andererseits setzt die Schau ihr Werk in den Kontext der Pariser Avantgarde. Arbeiten von Rodin, Maillol, Cézanne und Gauguin, die sie sehr beeindruckt haben, sind im Zusammenhang mit Paula Modersohns Arbeiten zu sehen. Zitate aus ihren Tagebüchern und Briefen machen den Prozess der Selbstfindung deutlich.
Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Rijksmuseum Twenthe in Enschede/Niederlande entstanden, auch der empfehlenswerte Katalog zur Ausstellung entstammt dieser Zusammenarbeit. Insgesamt werden 80 Bilder und Skulpturen aus der Sammlung des Von-der-Heydt-Museums gezeigt. Hinzu kommen 30 Leihgaben aus Worpswede, Bremen und Amsterdam.
Alle notwendigen Information zu Öffnungszeiten, Führungen für Erwachsene und Kinder und Eintrittspreise finden Sie unter
Interessant sind für Kunstfreunde auch ein Kunstseminar am Samstag, 29. September von 11 – 14 Uhr oder die „Abendgespräche“, an denen die Kuratorin der Ausstellung Frau Dr. Beate Eickhoff und Mitarbeiterinnen des Museums bei einem Glas Wein ihr Lieblingsthema zu Paula Modersohn-Becker vorstellen. Die Besucher haben nicht nur die Gelegenheit, spannende Einzelaspekte aus dem Werk der Künstlerin intensiver zu betrachten, sondern auch mit den Mitarbeiterinnen des Hauses ins Gespräch zu kommen.
8.9.2018/GBW