Ausflug nach Essen zur Gartenstadt Margarethenhöhe

Die Gartenstadt Margarethenhöhe stellt ein Musterbeispiel für gesundes und bezahlbares Wohnen im Grünen dar. Einem Gesamtkunstwerk gleich vereint die Siedlung, Architektur, Künstlerisches, Soziales und Technisches. Sie gilt als eine der schönsten und gelungensten Gartensiedlungen Deutschlands. Ihren Namen verdankt die Margarethenhöhe ihrer Stifterin Margarethe Krupp, die 1906 die Stiftung für Wohnungsfürsorge gründete. Sie stellte 50 Ha Bauland und weitere 50 Ha Waldland sowie 1 Million Mark für den Bau der Siedlung zur Verfügung. Die Stadt Essen und die Stiftung übertrugen dem Architekten und Stadtplaner, Georg Metzendorf die Durchführung des Projekts. Die Entwicklung seines „Kleinwohnhauses“ hatte in der Fachwelt großes Aufsehen erregt. In 29 Bauabschnitten entstand die "alte Margarethenhöhe", in den 60er bis 80er Jahren, die „Margarethenhöhe II“, mit einer Mischung aus Hochhäusern, Mehrfamilienhäusern und Eigenheimen. Mit dem Waldpark und dem nahegelegenen Grugapark entstand so ein Naherholungsgebiet 1. Ranges.

 

Der zweistündige Rundgang beginnt am Brückenkopf, dem Entree zur Margarethenhöhe. Hier errichtete Metzendorf das erste Haus der Siedlung. Das Brückenkopf-Ensemble besteht aus einem Hauptgebäude und zwei einzelnen Gebäuden mit einem großen Torbogen. Viele bekannte Persönlichkeiten u.a. „Kaiser Wilhelm“ schritten hindurch, um die Gartenstadt kennenzulernen. In der ersten Bauphase entstanden innovative zweigeschossige „Kleinwohnhäuser“ mit kleinen Gärten, erklärt unser Guide. Die Ausstattung mit Zentralheizung, getrennter Küche und Spülküche, sowie eines Bades war komfortabel und fortschrittlich, revolutionär für die Zeit. Verständlich, dass bei einem derartigen Mammutprojekt, Kosten eine große Rolle spielen. Mit vorgefertigten Bauelementen, nur zwei Basis-Grundrissen für Häuser und Wohnungen, Senkung der Deckenhöhe von 3 Meter auf 2,60 Meter erreichte Metzendorf u.a. eine Kostenreduzierung. Die Margarethenhöhe war nie eine Arbeitersiedlung, hören wir. Die Wohnungen und Häuser standen allen Bürgern und Bürgerinnen der Stadt Essen zur Miete offen, kaufen war nicht möglich. Vorgesehen war der Wohnraum laut Stiftungsurkunde für „Minderbemittelte“. Unter diesem Begriff verstehen wir heute „Armut“, damals hatte das Wort eine andere Bedeutung. Gemeint waren Menschen, die über ein geregeltes Einkommen verfügten und sich trotzdem kein Wohneigentum leisten konnten. 1913 waren 45 % der Mieter Werksangehörige der Firma Krupp, bei den übrigen Bewohnern handelte es sich um Kommunal-Beschäftigte der Stadt Essen. Der Gedanke des sozialen Wohnungsbaus unabhängig von der Firmenzugehörigkeit spielte erstmals bei der Planung eine Rolle.

Wir spazieren zur Musterwohnung, die im Erdgeschoss eines Zweifamilienhauses aus dem Jahre 1911 liegt. Sie zeigt den Wohnkomfort der Menschen in der Gründerzeit der Siedlung. Möbel, Einrichtungsgegenstände, sogar Tapeten sind von Metzendorf entworfen. Sie sind im Original- oder rekonstruiert vorhanden. Zur Finanzierung der Einrichtung bot die Fa. Krupp den Werksangehörigen Kredite an. Die kombinierte „Druna“ Luftheizungs- und Kochanlage weckt unser besonderes Interesse. Nicht nur gekocht werden konnte auf dem Ofen, er diente auch der Warmwasserbereitung.

 

Warum sind die Türen farbig unterschiedlich lackiert? werden wir während unseres Rundgangs gefragt. Kinder orientieren sich an Farben und finden dann leichter ihr Zuhause, kommt die prompte Antwort aus unseren Reihen. Langsam laufen wir durch die kurvigen Straßen und engen Gassen und bewundern die vielen Verzierungen an den Fassaden, die schönen Giebel, Fenster und Türen. Qualitativ hochwertiges Wohnen im Grünen ist hier perfekt umgesetzt. Gestaltung und Architektur der Siedlung veranschaulichen dies. Jedes Haus sieht anders aus, betont unser Guide.

Der Kleine Markt ist der Mittelpunkt der „Maggi Höhe“, wie sie liebevoll von den Bewohnern genannt wird. An den Markttagen herrscht hier reges Treiben, erfahren wir. Den seit einiger Zeit ins Leben gerufene Feierabendmarkt nehmen die Bürger sehr gut an. Das schmucke Gasthaus zur Margarethenhöhe mit seinen beeindruckenden Arkaden ist heute ein Hotel. Dort existiert noch das historische Krupp Zimmer. Es kann für Feiern gemietet- oder während öffentlicher Führungen besichtigt werden. Metzendorf hat es komplett mit Holz vertäfeln lassen. Gegenüber vom Schatzgräberbrunnen reihen sich Laubenganghäuser wie auf einer Perlenschnur aufgezogen, aneinander. Architekt und Bildhauer schufen den Brunnen zu Ehren der Stifterin. Der ehemalige Krupp-Konsum, (1913 erbaut), jetzt ein Edeka Laden, fasziniert als imposantes Gebäude. Zunächst durften nur „Kruppianer“ dort vergünstigt einkaufen.

Die Infrastruktur verbesserte sich über die Jahre stetig: Die Verkehrsanbindung wurde optimiert, Gastronomie, Schulen, Kindergärten und Kirchen existieren. Lange Zeit gab es eine kleine Postfiliale und eine Polizeiwache, wo laut Chronik sogar eine „Arrestzelle für Nachtschwärmer“ eingerichtet war. Dass der Unterricht an der 1923 eröffneten Schule an der Waldlehne streng getrennt nach Konfessionen stattfand, ist der Zeit geschuldet. Unmittelbar neben der Schule etablierte sich der Sport- und Gesundheitsverein: „Tusem“, bekannt wegen seiner Tenniserfolge. Hochwertige Keramik wurde in der ehemaligen Keramikwerkstatt hergestellt, jetzt noch auf Zeche Zollverein zu kaufen. Etliche Künstler siedelten sich in den 20er und 30er Jahren auf der Margarethenhöhe an. Im kleinen Atelierhaus lebte der Maler und Graphiker Hermann Kätelhön, der mit Margarethe Krupp befreundet war. Seit 2012 gehört es zum Ruhr Museum und informiert über die Geschichte der Margarethenhöhe. Leider war es geschlossen. Wir werfen stattdessen einen Blick ins Heimatmuseum der Bürgerschaft.

 

Bewohner auf der Margarethenhöhe: 7169 (Stand 30.06.2024) Wartezeiten für eine Wohnung: 6-36 Monate, für ein Haus 8-10 Jahre, Bedingung: mindestens 2 Kinder.