Essen

 

Ulrike Maria Stuart

 

Inszenierung: Hermann Schmidt-Rahmer

Bühne: Thilo Reuther

Kostüme: Michael Sieberock-Serafimowitsch

Dramaturgie: Carola Hannusch

 

mit: Stefan Diekmann, Ingrid Domann, Christian Kerepeszki, Bettina Schmidt, Sven Seeburg, Silvia Weiskopf

 

gesehen 28.10.2011

 

Elfriede Jelinek schreibt eigentlich keine Theaterstücke, sondern Texte ohne Zuordnung zu den handelnden Personen – hochartifizielle Sprachgebilde und Textwüsten, die dazu zwingen, Fragen zu stellen und Standpunkte zu hinterfragen. Sie schreibt provokativ und zeigt das Widersprüchliche, das Unethische und Hässliche in der Welt. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht nicht zuletzt die pessimistische Darstellung von Rollenklischees: „Die Frau ist eben nicht in der gleichen Weise in der Welt wie der Mann. Das ist es ja, was mich daran interessiert hat, wenn Frauen Geschichte machen wollen“, sagt sie über die Haupt-Akteurinnen des Geschehens und meint damit sowohl Ulrike M. und Gudrun E. wie auch die beiden Königinnen Maria und Elisabeth aus der Schiller’schen Feder. Was macht ein Regisseur mit solchen Vorlagen, die keine Handlung und keine Dialoge vorgeben und der berühmt gewordenen Jelinek’schen Anweisung „Macht damit, was ihr wollt!“? Er muss den Text ordnen, interpretieren, auf Brauchbarkeit hinsichtlich der Gegenwartsprobleme überprüfen. Und das tut Hermann Schmidt-Rahmer: er zeigt Jelineks pessimistische Grundüberzeugung hinsichtlich der feministischen Ziele, die sich mit privaten Machtspielen verquicken, macht sich Gedanken über heutige Vorstellungen der Kinder der RAF-Frontfrauen , fragt danach, woran die Revolution scheitert und wie weit man mit – speziell linken – Ideologien gekommen ist und auch danach, was wir machen würden, wenn wir die Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen hätten: würden Sie Ihr Auto zur Verfügung stellen, wenn die Revolution es erfordert? Die verhaltene Reaktion des Publikums zeigt, dass wir darüber erst noch mal nachdenken müssen. Anhand aktueller Textauszüge wie etwa aus Stephane Hessels „Empört Euch“ oder aus „Der kommende Aufstand“ des französischen Unsichtbaren Komitees dürfen wir über die Sinnhaftigkeit von Gewaltausübung reflektieren. Und über allem schwebt damals wie heute das Banner „Kapitalismus ist Krise“!

 

Eine großartige Schauspielerriege bemächtigt sich souverän des Textes. Insbesondere die beiden Darstellerinnen der Gudrun E. (Silvia Weiskopf) und Ulrike M. (Bettina Schmidt) beeindrucken mit konzentrierter Sprechtechnik, die uns an der „Musikalität“ in der Sprache Elfriede Jelineks teilhaben lässt.

 

Langanhaltener Beifall für das Ensemble.

 

Gesehen am 28.10.11

www.schauspiel-essen.de

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